Hilfsschule

Die Hilfsschule im Nationalsozialismus

von Kirsten Knaack

1. Die sozialdarwinistische / rassenhygienische Bewegung

Die sozialdarwinistische bzw. rassenhygienische Bewegung, die mit Francis Galton Ende des 18. Jahrhunderts ihren Beginn markierte, war von ihrer inhaltlichen Ausrichtung der Wegbereiter für die eugenischen Ziele der Nationalsozialisten, die u.a. zum „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ und damit zur Zwangssterilisierung angeblich ‚Minderwertiger‘, also u.a. HilfsschülerInnen führten. Es soll zwar nicht allen Rassehygienetheoretikern eine tendenzielle Anhängerschaft zum Faschismus unterstellt werden; im Gegenteil fanden zu einem kleineren Teil auch in sozialdemokratischen und sozialistischen Kreisen rassenhygienische Vorstellungen ihren Ursprung; dennoch wirkte die steigende Durchdringung der öffentlichen Meinung, die von den leitenden Rassehygienikern (siehe unten) forciert wurde, partiell als geistige Vorbereitung auf den Faschismus, beispielsweise durch die Verachtung des Menschen als Individuum, das sich unter das ‚Volksganze‘ unterzuordnen habe.
Zunächst soll daher die Entwicklung der Rassenhygiene kurz skizziert werden; darauf folgt ein Exkurs zur Schrift „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“von Binding und Hoche, da Verhinderung der Fortpflanzungsfähigkeit ‚Minderwertiger‘ und Tötung ‚Lebensunwerter‘ (‚Euthanasie‘) unmittelbar miteinander zusammenhängen[3]- Schmuhl sieht sogar in der „Vernichtung unwerten Lebens“ die Vorstufe zur „Endlösung der Judenfrage“ (Schmuhl, S. 364)-; am Ende dieses Kapitels werden die Rezeption des „rassenhygienischen Paradigmas“ (Schmuhl) durch Hitler[4] sowie Walter Groß, Leiter des Aufklärungsamtes für Bevölkerungspolitik und Rassenpflege der NSDAP dargestellt.

1.1. Die Genese der Rassenhygiene

Ihre Wurzeln hat die Rassenhygiene im Sozialdarwinismus. Es scheint darum sinnvoll, zunächst kurz die Entstehung des Sozialdarwinismus zu beleuchten.
Die Rassenhygiene ist in ihrer Genese stets eng mit der der Rassenanthropologie verknüpft, was sich später in der nationalsozialistischen Ideologie widerspiegeln wird. Inhaltlich ging es den Rassenanthropologen[5] um die ‚Aufnordung‘ der ‚Rasse‘ mit der logischen Konsequenz der Abgrenzung der ‚germanischen‘/ ‚arischen Rasse‘ gegenüber anderen ‚Rassen‘, während die Rassenhygieniker sich mit der genetischen ‚Aufartung‘ der Menschen überhaupt befassten, ohne die ‚Systemrassen‘- Hierarchie zu übernehmen (vgl. Schmuhl, S.30).

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[2] Zum Begriff des deutschen Faschismus vgl. Kapitel 2.

[3] Eine ausführliche Behandlung der ‚Euthanasie‘ wird in dieser Arbeit nicht stattfinden; hingewiesen sei jedoch darauf, dass der damaligen Hilfsschule neben den vergleichbaren FörderschülerInnen von heute auch Geistigbehinderte angehörten. Vgl. dazu auch Kapitel 4, 5 und 6, in denen die ‚Euthanasie‘- Frage und die Lage der Geistigbehinderten an den Hilfsschulen der NS- Zeit ansatzweise geschildert werden wird.

[4] Trotz der Distanzierung zu jeglichen führertheoretischen Ansätzen (vgl. Kapitel 3) findet eine Analyse von von Hitlers Aussagen zu rassenhygienischen Vorstellungen statt, da erstens nicht zu übersehen ist, daß Hitler einige führende Rassehygieniker in seiner Theorie rezipiert hat, und zweitens seine Aussagen zu einem großen Teil in Gesetze umgewandelt worden sind.

[5] Bekannteste Vertreter der Rassenanthropologie waren v.a. J.A. de Gobineau, Houston Stewart Chamberlain sowie in Deutschland Otto Ammon und Ludwig Woltmann. Nach dem ersten Weltkrieg entwickelte H.F.K. Günther eine daraus hervorgehende Rassenlehre, die starke Einflüsse auf die nationalsozialistische Ideologie hatte (vgl. Schmuhl, S.30).

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